MSI Radeon RX 5700 XT Gaming X
... Ein (fast) 2 GHz Navi auf leisen Sohlen.
... Ein (fast) 2 GHz Navi auf leisen Sohlen.
- Verpackung und Lieferumfang
- Spezifikationen
- Das Erscheinungsbild
- Teardown und Layout
- Praxistests
- Fazit
- Links
► Verpackung und Lieferumfang
Die Verpackung hält MSI maßgeblich im dunklen Farbton. Ein Spotlight auf den Kühler zeigt schon einmal an, was im Innern zu finden sein wird. Die Rückseite schmücken neben Spezifikationen wichtige Key-Features der Grafikkarte. Aber wir wollen uns nicht lange an Pappkartonagen aufhalten - raus mit dem Ding!
Im Innern ist die Grafikkarte passgenau in einen weichen Schaumstoff platziert und damit erschütterungssicher und zusätzlich antistatisch verpackt. Daran gibt es wenig auszusetzen - Transportschäden sollten damit ein absolutes Fremdwort darstellen. Der sonstige Lieferumfang fällt für den aktuellen Topdog der Radeon-Serie überschaubar aus - wobei man hier schon fast von sehr mau sprechen könnte. Adapter oder sonstige Gimmicks sucht man vergebens in der Verpackung. Das einzige Highlight stellt die comicartige Installationsanleitung dar. Was soll man sagen: Fokus aufs Wesentliche - die Grafikkarte.
- Hardware- und Software Installation Guide (Comicartig, Englisch)
- Quickstart-Guide
- Produkt-Registrierungskarte und Werbebeilage (weitere MSI-Produkte)
► Spezifikationen
MSI setzt - abseits des AMD Referenzdesigns - bei der Navi-Grafikkarten-Serie auf drei unterschiedliche Modellreihen: Mech, Evoke und Gaming X. Die eigentlichen drei Serien unterscheiden sich nicht nur bei Taktraten und Powerlimitis sondern auch maßgeblich bei verbauten Kühlern bzw. dem Platinendesign. In allen Fällen greift MSI auf ein Custom-PCB zurück. Ursprünglich sah MSI zum Marktstart auch eine Gaming NON-X Variante vor, die aktuell aber nicht mehr im Handel zu finden ist. Mit der Radeon RX 5700 XT Gaming X meldet sich damit nicht nur die teuerste Radeon aus MSIs Navi 10-Portfolio zum Test, sondern zugleich auch die beliebteste 5700-XT-Variante. Noch häufiger werden nur zwei non XT-Modelle abgefragt (RX 5700 Mech und ebenfalls Gaming X).
(Quelle: PCGH-Preisvergleich, MSI Navi10-Grafikkarten nach Beliebtheit sortiert)
Im Folgenden wollen wir jedoch den Fokus direkt auf den eigentlichen Testkandidaten richten. Bei dem nachfolgenden Überblick über die Spezifikationen will ich technisch nicht nochmals tief in den Aufbau der Navi 10-Chips von AMD oder der Ausstattung einsteigen - das können Profis, wie etwa Raff, deutlich besser. Daher sei nochmals auf den PCGH-Test zur RX 5700-Serie verwiesen. Ich will in der nachfolgenden Übersicht vielmehr die Eckdaten der Grafikkarte übersichtlich präsentieren und, wo möglich, vor allem den Vergleich zur AMD-Referenzplatine ziehen. Klar wird dabei: Gerade bei der relevanten typischen GPU-Taktrate ("Game Clock") verspricht MSI gegenüber der Referenzkarte und auch der 50th Anniversary Edition ein deutliches Plus (typischer GPU Takt +120 respektive +40 MHz). Damit spielt der Testkandidat tatsächlich im vorderen Bereich der Customdesigns mit. Für die Top Dogs reicht es aber noch nicht ganz aus. Asus Strix OC und PowerColor Red Devil bieten von Haus aus nochmals höhere Taktraten. Wie viel von dem dynamischen Boost denn in der Praxis tatsächlich ankommt, klärt im Folgenden der Praxisteil dieses Tests.
MSI RX 5700 XT Gaming X|1.730|1.870|1.980|1.750|MSI-Custom-PCB|Triple-Slot Heatpipe-Kühler (6 Heatpipes), 2 × Ø 95 mm axial|210|n/A|2× 8-Pol
AMD RX 5700 XT (Referenz)|1.605|1.755|1.905|1.750|AMD-Referenz|Dual-Slot DHE mit Vapor-Chamber, 1 × Ø 75 mm radial|180|225|1× 8-/1× 6-Pol
AMD RX 5700 XT 50th Anniversary Ed. )|1.680|1.830|1.980|1.750|AMD-Referenz|Dual-Slot DHE mit Vapor-Chamber, 1 × Ø 75 mm radial|188|235|1× 8-/1× 6-Pol
► Das Erscheinungsbild
MSI hat mit der aktuellen Radeon-Serie nach den sehr aufgeregten und farbenfrohen Kühlerdesigns der letzten Generationen wieder ein deutlich schlichteren Ansatz gewählt. Das gilt übrigens baureihenübergreifend, wie ein Vergleich mit der Evoke-Karte zeigt. Im Gegensatz zum goldenen Anblick dominiert bei der Gaming X aber matt gebürstetes Aluminium das ansonsten sehr schlichte schwarze Erscheinungsbild. Das gilt nicht nur für die Vollaluminium-Backplate, sondern auch für das ABS-Gehäuse auf der Vorderseite: Die silbergrauen Bereiche sind tatsächlich metallene Einleger. Abgerundet wird das Design durch kleine rote Farbakzente an den Lüftern. Die beiden 95 mm messenden Lüfter entstammen der dritten Generation der patentierten Torx-Lüfter von MSI, die mit ihren 14 Lüfterblättern speziell für einen hohen statischen Druck optimiert sein sollen. Richtig gelesen und gesehen: MSI belässt es tatsächlich bei zwei Lüftern und hebt sich damit von den anderen Top Dogs ab. Beim Auspacken auch wieder mit dabei: der Lüfteraufkleber, der auf die "Zero Frozr"-Technologie verweist. Die Lüfter können in Abhängigkeit des Lastzustands komplett stehen bleiben.
Der Vergleich mit der RX 5700 Evoke OC lässt es schon erahnen: Die Abmessungen der Gaming X sind amtlich - So bauen Platine und Kühler mit 134 Millimetern (gemessen ab PCIe-Slot) deutlich höher als die ATX-Blende auf. Auch die Einbautiefe ist mit 51 Millimetern - oder anders gesprochen rund 2,7 Slots - nicht zu verachten. Rückseitig kommen durch die Backplate weitere 5 Millimeter dazu, was leider die Erreichbarkeit der PCIe-Slot-Entriegelung einschränkt. Last but not Least stehen knapp 30 Zentimeter Einbaulänge zu Buche. Dass MSI dabei nicht nur räumlich in die Vollen geht, zeigt abschließend noch ein Blick auf die Waage. 1.404 Gramm zeugen von massivem Materialeinsatz, der vornehmlich dem Kühler zu Gute kommen sollte. Mehr dazu im Praxiskapitel. Die beiden Lüfter sitzen in einer ABS-Kunststoffabdeckung direkt über den zahlreichen Kühllamellen. Diese fallen mit ihrem Wellenbeschnitt an der Lamellenoberseite und Spoilern in den Flächen für eine effektive Verwirbelung der durchströmenden Luft auf. Jeder Lüfter sitzt dabei über einem eigenen Lamellenpaket, das eine Dichte von rund sieben Lamellen pro Zentimeter aufweist. Die Anordnung liegt dabei vertikal vor, was die heiße Luft seitlich aus der Grafikkarte austreten lässt.
Die Schnittstellen der Grafikkarte sind schnell abgehandelt. Neben dem obligatorischen PCI-Express-Steckplatz (16 Lanes der Generation 4.0 und damit wohlgemerkt 32 GiByte/s Bandbreite) finden sich noch zwei seitlich angebrachte 8-Pin Stromstecker. Diese ermöglichen in Verbindung mit dem PCIe-Slot (75 Watt) eine theoretische Maximalaufnahme von mächtigen 375 Watt. Es sei aber direkt vermerkt, dass die Karte dieses Budget nun in keinster Weise ausschöpft. Für die Anbindung von Bildschirmen gibt es drei Displayport-Anschlüsse nach Standard 1.4 sowie einen HDMI-Anschluss nach Standard 2.0b. Die ungenutzten Anschlüsse verschließt MSI mit Abdeckkappen.
Erst einmal montiert, fügt sich die Karte schnell ins System ein, ihre schiere Größe sorgt natürlich für die Blockierung von drei PCIe-Slots. Unerwähnt soll auch die RGB-LED-Beleuchtung nicht bleiben, die bei der Karte wirklich sehr (zu?) dezent mit einem kleinen beleuchteten MSI-Logo ausfällt. Die Ansteuerung der LEDs erfolgt im Gegensatz zu meinen Beobachtungen am X570 Gaming Edge Mainboard dabei mit einer sehr hohen Frequenz, weshalb die LEDs sowie deren Farbwechsel in keinster Weise als flackernd wahrgenommen werden. Wer möchte, kann die Beleuchtung über die Software Dragon Center aber auch dauerhaft deaktivieren oder in ihren Effekten anpassen.
Den Zerlegemarathon beginnen wir auf der Rückseite des Testkandidaten. 11 Schrauben verbinden dabei die Backplate mit dem Hauptkühler bzw. dem Kühlblech der Speicherbausteine. MSI hat sich übrigens bewusst dafür entschieden, die Backplate in der Höhe 5 mm aufbauen zu lassen, um zwischen Backplate und Platine durch einen ausreichend großen Spalt noch natürliche Konvektion zu ermöglichen. Unter der Backplate finden sich flexible, der hohen Spaltbreite entsprechend recht dicke, Wärmeleitpads auf GPU- und Speicher-Rückseite. Den VRM-Bereich bestückt MSI nicht mit Wärmeleitpads, was aber absolut nachvollziehbar ist. Als kleiner Spoiler sei an dieser Stelle erwähnt, dass die hocheffizienten Wandler kühl bleiben und dennoch vorbildlich an den Hauptkühler angebunden sind. Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Backplate ist mittels Kunststofffolie gegen das PCB isoliert. Im Bereich der Wärmeleitpads ist die Kunststofffolie ausgespart, um den Wärmefluss nicht zu stören. Keine Selbstverständlichkeit, wenn man auf andere Baureihen schaut (z.B. Evoke).
Nach dem Entfernen der Backplate, wird der Hauptkühler nur noch über vier federnd gelagerte Schrauben um die GPU fixiert. Dementsprechend ist dieser schnell entfernt und eine Armada an Wärneleitpads für Spannungswandler und Spulen fallen im hinteren Teil des Kühlers ins Auge. Die GPU hat MSI mit einer sinnvollen Menge Wärmeleitpaste versehen - Toll, hier ersäuft die GPU nicht in Paste. Der eigentliche Kühleraufbau zeigt sich zweigeteilt (je ein Lamellenpaket pro Lüfter). Über insgesamt sechs Heatpipes wird die Wärme in die Lamellen eingeleitet. Dabei kommen fünf 6-mm-Heatpipes zum Einsatz, die gar um eine 8-mm-Heatpipe ergänzt werden. MSI betont, dass die Konstruktion hier speziell an die kleine Radeon-GPU angepasst worden ist. Die Heatpipes sind räumlich ideal oberhalb der 7-nm-GPU verpresst und werden durch einen vernickelten Kupferblock mit der Abwärme beaufschlagt. Die Heatpipe-Enden verteilen sich mit unterschiedlichen Längen in allen Bereichen der beiden Lamellenpakete. Im hinteren Bereich bindet der Kühler über eine Aluminiumgrundplatte die Spannungsregulierung direkt an das hintere Lamellenpaket an.
Auf der Platine verbleibt nun nur noch ein schwarzes Aluminium-Druckguss-Teil, das den Speicher sowie dessen Spannungsversorgung bedeckt. Das Formteil ist auch mit der Slotblende verschraubt und sorgt somit auch als Biegeschutz für Stabilität der schweren Grafikkarte. Auf der Oberfläche platziert MSI bereits drei kleine Wärmeleitpads oberhalb der Speicher. Das hat vermutlich weniger thermische Gründe (es wird teilweise nur in sehr geringen Flächenanteilen Kontakt zu den Lamellen aufgenommen), sondern dient vielmehr einem ordentlichen Anpressdruck auf die Speicher. Eine Besonderheit die auch ins Auge fallen muss: Die seitlich gelegenen Speicherbausteine werden nur zur Hälfte vom Kühlblech bedeckt und liegen daher teilweise frei. Das hat schlichtweg Gründe in der Platzierung der Speicherchips, die vermutlich durch das Layout von AMD (Signallaufzeiten...) vorgegeben wird. Den Platz muss MSI wiederrum für die Grundplatte des großen Hauptkühlers freihalten. Man könnte jetzt die Frage stellen, warum dann nicht per Wärmeleitpad an die Grundplatte des Hauptkühlers angebunden wird, aber ich muss sagen, dass MSI hier alles richtig gemacht hat. Würden hier Wärmeleitpads platziert, führt das zwangsweise zu einer asymmetrischen Belastung des Kühlers und damit zu einer schiefen Auflage auf der GPU. Zusätzlich laufen die beiden Speicherchips auch absolut nicht Gefahr zu überhitzen. Die kritischeren Kandidaten sind die Speicherbausteine zwischen GPU und Spannungswandlung, da hier auf Grund der hohen Stromflüsse und Spannungswandler höhere Temperaturen entstehen.
An dieser Stelle sei nochmal das Gewicht alle Komponenten in der Übersicht erwähnt. Dabei lässt sich der massive Materialeinsatz im Hauptkühlkörper klar erkennen:
Komponente|Aufbau|Gewicht
Kühlkörper|Heatpipe-Kühler mit vernickelter Kupferbodenplatte für GPU und Aluminium-Platte für VRM|883 gr.
Kühlframe|Aluminium-Druckgussteil - Kühlt Speicher, Speicher-Spannungswandler und stabilisiert Grafikkarte über Slotblende|64 gr.
Backplate|Aluminiumblech - Kühlt Speicher und GPU rückseitig|114 gr.
Kühlkörper|Heatpipe-Kühler mit vernickelter Kupferbodenplatte für GPU und Aluminium-Platte für VRM|883 gr.
Kühlframe|Aluminium-Druckgussteil - Kühlt Speicher, Speicher-Spannungswandler und stabilisiert Grafikkarte über Slotblende|64 gr.
Backplate|Aluminiumblech - Kühlt Speicher und GPU rückseitig|114 gr.
Am Ende verbleibt nur noch das PCB mit Slotblende und damit rund 313 Gramm - Über 1 Kilogramm entfallen damit auf die Kühlung. Die Navi 10-GPU ist der erste AMD-Grafikchip mit RDNA-Architektur und beinhaltet 10,3 Milliarden Transistoren auf 251 Quadramillimetern. Möglich macht das der 7 nm-Prozess von TSMC. Die acht GDDR6-Speicherchips verbaut MSI nach bekanntem 3-2-3-Muster und setzt auf Modelle von Micron (Typ D9WCW), welche für den Betrieb bei 1.750 MHz (14 Gbps) spezifiziert sind. Allgemein fällt ein äußerst aufgeräumtes PCB ins Auge, das verhältnismäßig wenig Bauteile an der Oberfläche trägt. Die Verarbeitungs-/Lötqualität ist dabei ohne jeden Makel.
Eine Detailanalyse der Platine offenbart die Leistungsfähigkeit der verbauten Bauteile. Beim PWM-Controller findet sich mit dem IR35127 ein empfehlenswertes Bauteil an Board, das sich um die GPU- und SOC-Spannungsversorgung kümmert. Die Spannungswandlung selbst ist hierfür mit hochwertigen und hocheffizienten Powerstages von Infineon ausgerüstet (TDA21232, kein offizieles Datenblatt verfügbar; 55A) und liegt in der Verschaltung 8+1 vor. Da der PWM-Controller maximal 8 PWM-Phasen bereitstellen kann, muss hier auf eine Phasendopplung zurückgegriffen werden. Das bestätigt auch ein Blick auf die Platinenrückseite. Hier finden sich dafür vier Phasendoppler vor (IR3599), die aus 4 Phasen des PWM-Controllers 2×4 Phasen für die GPU-Spannungsversorgung doppeln. Es liegt demnach real ein 2×4 + 1 - Layout vor, vom PWM-Controller werden folglich insgesamt 5 Ausgänge genutzt (4 GPU, 1 SOC). Ein zweiter PWM-Controller im vorderen Teil der Karte (On Semi NCP81022) ist für die Versorgung der Wandlerphasen des Speichers (und des VCCDI - in den Bildern nicht explizit dargestellt) zuständig. Für den GDDR6-Speicher verbaut MSI zwei Phasen, die jeweils auf eine ON Semi Powerstage zurückgreifen (NCP302155 - jeweils 55 A). Weitere Besonderheiten betreffen die 12-Volt-Eingänge der Karten, die neben der üblichen Spannungsfilterung noch jeweils über eine eigene Sicherung verfügen - dh. die Karte ist sauber nach außen hin gegen Fehler abgesichert. Die Spannungsversorgung hat sich definitiv das Prädikat "empfehlenswert" verdient.
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